Hightech auf der Pirsch – die SigSauer Cross
- Hans ARC
- 26. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Aug.

Ein klarer Morgen, eine besondere Waffe
Der Morgen riecht nach frischem Gras und Latschen, die Schatten sind noch lang. Über dem Hang steht die klare Luft wie Glas, unten im Geröll sehe ich durchs Fernglas die Spur eines Wildwechsels. Im Rucksack steckt – zusammengefaltet und sicher – die SigSauer Cross. Kein klassischer Holzschaft, kein Carbon-Showeffekt, sondern ein modernes, kantiges Arbeitsgerät mit Klappschaft und durchdachter Mechanik. Aufgesetzt habe ich ein bewährtes Zeiss Classic Diavari 2,5–10x50 T*, vorn arbeitet der Freyr & Devik Featherweight 269. Diese Kombination will heute zeigen, ob Hightech und Jagdpraxis tatsächlich so gut zusammenpassen, wie die Prospekte versprechen.
Schnell einsatzbereit und stabil im Anschlag
Oben am ausgesuchten Platz geht alles schnell: Schaft ausklappen, Wangenauflage anziehen, Länge einstellen, fertig. Genau hier punktet die SigSauer Cross schon im ersten Handgriff – das Gewehr lässt sich in wenigen Sekunden so individualisieren, dass Anschlag und Blick durchs Glas „einrasten“, als wären Waffe und Schütze seit Jahren ein Team. Der Verschluss läuft satt, der Abzug bricht trocken und vorhersehbar. Nichts lenkt ab, nichts knarzt, nichts wackelt. Und: Kein Kohlefaserschaft, der zwar auf dem Papier Gramm spart, sich aber im Schuss oft nervös anfühlt. Die Cross setzt auf Stabilität und Balance – und das merkt man.

Die erste Gams
Als die ersten Sonnenstrahlen die Bergflanke treffen, zieht eine Gams quer durch die Felsrinne. Der Wind steht, die Distanz wächst langsam, hält sich aber im jagdlichen Rahmen. Das 6,5-Creedmoor-Kaliber ist genau für solche Momente gebaut: gestreckte Flugbahn, milder Rückstoß, präzise und berechenbar. Ich drehe das Diavari auf 10-fache Vergrößerung – alle Details werden für ein sauberes Ansprechen sichtbar und gleichzeitig habe ich noch genug Überblick, um jede Bewegung im Gelände mitzunehmen.
Sanfter Schuss, sicheres Treffen
Der Schuss fällt – eher ein gedämpftes, kurzes „Ffftt“ als ein Knall. Der Rückstoß ist weich, das Fadenkreuz bleibt im Ziel, der Treffer sitzt. Kein Spektakel, keine Hektik, einfach Arbeit, präzise verrichtet. Genau so soll moderne Jagdtechnik funktionieren: Sie drängt sich nicht in den Vordergrund, sie macht den Schuss kontrollierter, leiser, präziser.
Präzision auf dem Schießstand
Bereits am Schießstand beim Einschießen hat sich diese Ruhe schon angekündigt. Die Cross schoss mit mehreren gängigen Jagdlaborierungen eng und wiederholgenau. Entscheidend war dabei weniger der „ultimative“ Streukreis als die Reproduzierbarkeit: kalter Lauf, warmer Lauf, Pause, wieder anlegen – die Treffer kommen, wo sie sollen. Besonders angenehm: Der Abzug bleibt auch nach längeren Serien trocken und planbar, das System nimmt die Bewegung sauber an, und der Schalldämpfer reduziert nicht nur den Knall, sondern glättet spürbar das Rückstoßverhalten. Das ist nicht nur komfortabel; es vermeidet auch typische Muck-Momente beim jagdlichen Schuss, weil das Gehirn gar nicht erst mit einem schmerzhaften Reiz rechnet.

Zwei Gesichter im Revier
Im Revier zeigt die Cross zwei Gesichter, die sich nicht widersprechen: auf der Pirsch führig genug, um sich eng am Körper und unauffällig durch Engstellen tragen zu lassen; auf dem Ansitz oder aufgelegt am Geländer so ruhig, als hätte sie mehr Gewicht. Die moderne Linienführung – Pistolengriff, breite M-Lok-Vorderschiene, verstellbarer Hinterschaft – sieht vielleicht weniger „romantisch“ aus als Nussholz, bringt aber schlicht Vorteile. Die Hand findet von selbst den richtigen Winkel, die Wange liegt weich und reproduzierbar, der Blick durchs Glas entsteht „automatisch“ in derselben Achse. Techniker würden es Ergonomie nennen; Jäger nennen es Trefferkonstanz.
Optik als stiller Star
Das Zeiss Diavari Classic ist in meinem Fall ein stiller Star und wurde von mir montiert, weil ich das Zielfernrohr zu Hause verfügbar hatte und ich mir keine neue Optik anschaffen wollte. In Zeiten immer größerer Zoom-Bereiche liest sich 2,5–10x fast bescheiden, in der Praxis ist genau dieser Bereich aber der "Sweet Spot" für 90 Prozent aller Situationen: unten raus schnell und übersichtlich, oben raus präzise genug fürs sichere Platzieren auf weitere Distanz. Die T*-Vergütung liefert ein helles, klares Bild, das Ansprechen in der Dämmerung gelingt ohne Hast. Mechanisch gibt es nichts zu diskutieren – der Verstellweg ist eindeutig, die Wiederkehr stimmt, die Bedienung passiert intuitiv. „Alt“ ist hier eher ein Ehrentitel: ausgereift statt spektakulär.
Der Schalldämpfer als Ruhefaktor
Zum Freyr & Devik Featherweight 269 muss man wenig sagen, kann dafür viel spüren. Sein geringes Gewicht erhält die Führigkeit der Waffe – der Schwerpunkt rutscht nicht unangenehm nach vorn, das Schwingen bleibt kalkulierbar. Der Dämpfer reduziert den Mündungsknall auf ein Niveau, das den Schützen entspannt und das Umfeld schont. Nach dem Schuss bleibt der Blick im Ziel, die Situation ist sofort wieder unter Kontrolle. Und ja: Man merkt in wildreichem Gelände, dass die akustische Signatur weniger „Alarm“ macht – genug, dass ein Folgeschuss möglich bliebe, falls er nötig wäre.
Konstruiert als Werkzeug
Konstruktiv bleibt die Cross ihrer Linie treu: ein System, das eher aus der Präzisionswelt kommt und auf Jagd getrimmt wurde – nicht umgekehrt. Der Klappschaft macht die Waffe rucksacktauglich, die Bedienelemente liegen dort, wo sie in Stressmomenten hingehören. Der Verschluss verriegelt satt, der Magazinwechsel geht in Fleisch und Blut über. Man spürt, dass SigSauer hier keine Zierwaffe, sondern ein Werkzeug gebaut hat. Ein Werkzeug, das man einstellt, führt und benutzt.
Wo ordnet sich die Kombination jagdlich ein? Auf dem Feld und im Mittel- bis Hochgebirge spielt sie ihre Stärken voll aus: kontrollierte Schüsse unter Zeitdruck, verlässliche Ballistik, ruhige Abzugscharakteristik. Im dichten Wald wirkt das Setup mit Glas und Dämpfer naturgemäß etwas voluminöser, bleibt aber dank des Klappschafts im Transport und dank der stimmigen Balance im Anschlag alltagstauglich. Wer viel wechselt – Fahrzeug, Rucksack, kurze Anmarschwege – wird die Packmaß-Vorteile lieben.
Moderne Jagdtechnik – kein Widerspruch
Bleibt die immer wieder gestellte Geschmacksfrage: „Ist das noch Jagdgewehr?“ Praktisch geantwortet: Ja – und zwar eines, das Fehler verzeiht, Routinen erleichtert und den entscheidenden Moment stabiler macht. Gerade in Zeiten, in denen wir über Mucken, Lampenfieber und Schussdisziplin sprechen, hilft ein System, das leiser, weicher und berechenbarer schießt, dem Wild und dem Jäger gleichermaßen.
Am Ende des Tages liegt die Gams im Schatten eines Steinriegels, der Wind hat gedreht, und die Sonne steht jetzt hoch. Beim Verlassen meines Ansitzs wandert die Cross zurück in den Rucksack, in wenigen Handgriffen wieder kompakt. Es ist diese Mischung aus Praxisnähe und technischer Stringenz, die hängen bleibt: Die SigSauer Cross im 6,5 Creedmoor ist kein nostalgisches Stück Revierromantik, sondern ein präzises Werkzeug für Jägerinnen und Jäger, die aus ihrer Ausrüstung das Maximum an Kontrolle herausholen wollen. Mit dem Zeiss Diavari als verlässlichem Auge und dem Freyr & Devik Featherweight 269 als akustischem und dynamischem Beruhiger entsteht ein Gespann, das das Versprechen im Namen unseres Magazins erfüllt: Schuss – und Stille.
Wer Tradition vor Technik stellt, wird weiter zum feinen Holz greifen – zu Recht, aus Liebe und Stil. Wer Ergebnisse über Äußerlichkeiten stellt, wird mit dieser Kombination konzentrierter, stressärmer und konsequenter jagen. Und am Ende zählt genau das.












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