Arbeitsgerät statt Leichtgewicht: die Bergara Crest Carbon im Test
- Hans ARC
- 22. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Carbon – der Name allein verspricht Leichtigkeit, Präzision und moderne Jagdtechnik. Wer sich für eine Waffe mit Carbonschaft und obendrauf noch einen Carbonlauf entscheidet, hat in der Regel klare Erwartungen: eine führige, zuverlässige und präzise Büchse, die sich gerade im Gebirge bewährt.
Seit einem Jahr führe ich die Bergara Crest Carbon im Kaliber 6,5 Creedmoor, ausgestattet mit einem ZEISS Conquest V4 6–24x50, einer Picatinny-Schiene samt Fortmeier H184-Zweibein und dem Hausken JD184 XTREM MK2 Schalldämpfer.
Was taugt das Gesamtpaket? Hier meine Erfahrungen – ungeschminkt, mit allen Stärken, aber auch Schwächen.
Erste Eindrücke und Besonderheiten
Schon beim ersten Handling fiel mir ein Detail auf: Die Lauflänge meiner Crest beträgt nicht die vom Hersteller angegebenen 51 Zentimeter, sondern 56. Ein Unterschied, der in der Praxis zwar nicht dramatisch ist, aber die Waffe wird weniger führig, vor allem mit Schalldämpfer vorne drauf.
Der Abzug der Bergara Crest war von Beginn an ein Thema. Hier habe ich sofort auf die Expertise von Waffendoc Gregor Unterberger, einem Meister seines Fachs, gesetzt. Nach dem Tuning bricht der Abzug jetzt trocken bei 450 Gramm – ein Traum für jeden Präzisionsschützen. Das Resultat ist eine absolut saubere Schussauslösung ohne jede Vorzugscharakteristik.
Präzision und Schussleistung
Mit der RWS Speed Tip Professional in 6,5 Creedmoor konnte ich auf dem Schießstand Lochgruppen von unter zwei Zentimetern erreichen – für eine Jagdbüchse mit Jagdglas ein wirklich hervorragendes Ergebnis. Das Conquest V4 6–24x50 von ZEISS ist hier ein idealer Partner: Dank seiner hohen Vergrößerung und klaren Abbildung lassen sich auch weite Distanzen sauber ansprechen.
Im jagdlichen Einsatz bestätigte sich dieses Bild. Auf Gams im Gebirge wie auch auf Rotwild zeigte die Kombination eine hohe Treffsicherheit. Die 6,5 Creedmoor spielt ihre Stärken – Präzision und moderater Rückstoß – hier voll aus. Unterstützt durch das Fortmeier-Zweibein war selbst auf weiten Schussdistanzen ein stabiles Aufliegen möglich.
Der Hausken JD184 XTREM MK2 trägt entscheidend zur Schussruhe bei. Er reduziert nicht nur den Rückstoß, sondern auch den Mündungsknall auf ein angenehmes Maß. Gerade bei langen Ansitzen empfand ich das als große Entlastung.
Beim Magazin setzt Bergara auf den bewährten AICS-Standard, was in der Praxis ein klarer Vorteil ist. Dadurch lassen sich nicht nur die mitgelieferten Magazine nutzen, sondern auch zahlreiche kompatible Varianten anderer Hersteller. Standardmäßig kommt die Waffe mit einem 1+5-Magazin, das zuverlässig arbeitet.

Ergonomie und Handling
Und hier kommen wir zu einem meiner größten Kritikpunkte an der Bergara Crest Carbon: das Gewicht. Für eine Carbonwaffe fühlt sich die Crest überraschend schwer an. Natürlich bringen das Zusatzkomponenten wie Zweibein, Glas und Schalldämpfer mit sich – dennoch bleibt der Eindruck, dass andere Hersteller (etwa Blaser, Steyr oder Sauer) das „Carbon-Gefühl“ besser umgesetzt haben. Die Bergara liegt zwar satt in der Hand, aber das „hand and feel“ entspricht nicht ganz dem, was man von einer modernen Carbonbüchse erwartet.
Positiv hervorzuheben ist die solide Verarbeitung. Das System sitzt satt und vermittelt Vertrauen. Der Vorderschaft nimmt die Picatinny-Schiene problemlos auf, wodurch das Fortmeier-Zweibein absolut stabil montiert werden kann. Für Schüsse im Liegendanschlag ein klares Plus.
Praxis im Revier
Die Bergara Crest Carbon ist für mich eine zuverlässige Arbeitsbüchse. Im Gebirge konnte ich erfolgreich Gams und Rotwild bejagen – stets mit einem präzisen Trefferbild und verlässlicher Wirkung. Gerade in Kombination mit dem Schalldämpfer und dem Zweibein ist sie für präzises Schießen auf weite Distanzen prädestiniert.

Zusammengefasst
Die Bergara Crest Carbon in 6,5 Creedmoor ist eine Waffe, die viel richtig macht: präzise, zuverlässig, sauber verarbeitet und mit der richtigen Ausstattung ein echtes Werkzeug für anspruchsvolle Jäger. Mit Abzugstuning, ZEISS-Optik, Hausken-Schalldämpfer und Fortmeier-Zweibein ergibt sich ein starkes Gesamtpaket, das für waidgerechte Schüsse auch auf größere Distanz bestens geeignet ist.
Dennoch bleibt der Eindruck, dass die Crest Carbon das Versprechen „Carbon = Leichtigkeit“ nur bedingt einlöst. Wer damit leben kann, erhält eine Waffe, die technisch überzeugt, emotional aber nicht ganz den Charme einer Premium-Büchse, wie einer Blaser R8 Carbon oder einer Steyr Gams erreicht - aber eben auch in einem ganz anderen Preissegment angesiedelt ist. Die Bergara Crest Carbon gibt es bereits ab 2100 Euro.




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