Nach der grünen Matura: Worauf Jungjäger wirklich achten müssen
- Nika ARC
- 27. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Aug.

Die Jagdprüfung ist geschafft, der Jagdschein in der Hand: Ein Moment, auf den viele Monate oder gar Jahre hingearbeitet haben. Stolz, Erleichterung und die Vorfreude auf das erste Jagderlebnis mischen sich. Doch mit der „grünen Matura“ beginnt nicht nur eine neue Freiheit, sondern auch eine große Verantwortung.
Denn die eigentliche Jagdschule fängt jetzt erst an – draußen, bei Regen und Sonne, im Morgengrauen oder in langen Nächten am Ansitz. Wer klug ist, geht die ersten Schritte mit Bedacht und lernt, die Jagd als Lebensschule zu begreifen.
Jagd ist kein Wettlauf, sondern Reifeprozess
Die Versuchung ist groß, gleich nach der Prüfung die Waffe zu laden und auf Strecke zu gehen. Doch Jagd ist keine Trophäensammlung, sondern ein Prozess des Wachsens. Jeder Jungjäger sollte sich bewusst machen: Die ersten Jahre dienen dem Beobachten und Verstehen.
Oft ist es wertvoller, zehnmal ohne Schuss vom Ansitz heimzugehen, dafür aber Wildverhalten und Lebensräume studiert zu haben. Ein Stück zu erlegen ist nur ein kleiner Teil – das Erkennen, wann man es nicht tut, ist der größere.
Mentoren und Vorbilder suchen
Nichts ersetzt Erfahrung. Wer einen erfahrenen Jäger an seiner Seite hat, verkürzt die Lehrjahre enorm. Mentoren zeigen, wo man sich hinsetzt, wie man den Wind liest, welche Wildwechsel zu welcher Tageszeit genutzt werden.
Ein Jungjäger, der in den ersten Jahren Begleitung sucht, wird Fehler vermeiden, die andere teuer bezahlt haben. Traditionen, Bräuche, jagdliche Sprache – all das erschließt sich erst durch die Gemeinschaft. Und: Man bekommt ehrliche Rückmeldungen, wenn man selbst zu forsch oder zu unsicher agiert.
Sicherheit als oberstes Gebot
Kein Thema ist so zentral wie die Sicherheit. In der Prüfung mag es eine theoretische Frage sein – draußen ist es eine Entscheidung, die Sekunden dauert und über Leben oder Tod bestimmt.
Jeder Schuss braucht einen klaren, sicheren Kugelfang.
Jede Wildart muss eindeutig angesprochen sein – im Zweifel: nicht schießen.
Entfernung, Hintergrund, Nachbarschützen auf Gesellschaftsjagden: immer im Blick.
Sicherheit ist Haltung – nicht nur Regel. Wer sie verinnerlicht, wird respektiert.
Ausrüstung: Klasse statt Masse
Nach der Prüfung locken Fachgeschäfte und Hochglanzkataloge. Doch Jagd lebt nicht von Ausrüstung, sondern vom Wissen, sie einzusetzen.
Ein solider Repetierer im universellen Kaliber, ein gutes Fernglas und ein verlässliches Zielfernrohr sind Pflicht. Alles andere – Wärmebildgeräte, Spezialoptiken, Hightech-Bekleidung – kann Schritt für Schritt ergänzt werden. Viele Jungjäger investieren zu früh in das Falsche und merken erst später, was wirklich gebraucht wird.
Unser Schuss und Stille-Tipp: Erst im Revier Erfahrungen sammeln, dann investieren.
Jagdethik und Verantwortung
Die Jagd ist kein Hobby wie jedes andere. Sie greift in den Lebensraum von Tieren ein und beeinflusst das Gleichgewicht der Natur. Wer den Jagdschein hat, trägt Verantwortung – nicht nur für erlegtes Wild, sondern für die gesamte Jagdkultur.
Jagdethik bedeutet:
Nur waidgerecht schießen.
Wild nicht unnötig beunruhigen.
Mit Respekt handeln – auch gegenüber Nichtjägern.
Ein sauber angetragener Schuss, ein stilles Dankeswort am erlegten Stück und der sorgsame Umgang mit Wildbret – all das gehört zur jagdlichen Haltung.
Gemeinschaft und Tradition
Die Jagd ist nie nur eine Einzeltätigkeit. Gerade für Jungjäger öffnet sich jetzt eine neue Gemeinschaft: Revierabende, Gesellschaftsjagden, das erste Schüsseltreiben.
Hier werden nicht nur Geschichten erzählt, sondern auch Werte weitergegeben. Vom Jagdsignal über das letzte Stück bis zum Brauchtum: Diese Traditionen sind mehr als Folklore – sie sind Ausdruck einer Haltung. Wer sich hier offen zeigt, findet Anschluss und Freunde fürs Leben.
Geduld lernen – die Schule des Wartens
Die meisten Ansitze enden ohne Schuss. Für den Jungjäger ist das kein Grund zur Enttäuschung, sondern eine Schule der Geduld.
Man lernt, Geräusche zu deuten, Schatten zu unterscheiden, Wind und Wetter einzuschätzen. Manchmal ist es gerade diese Stille, die die Jagd so erfüllend macht. Ein Fuchs, der quer über die Wiese zieht, eine Hirschkuh mit Kalb am Waldrand – das sind Erlebnisse, die prägen, auch ohne Beute.
Vom Schuss zum Stück
Der erste erlegte Bock oder das erste Stück Rehwild ist für jeden Jungjäger ein unvergesslicher Moment. Aber er bringt auch Verantwortung mit sich: Nachsuche, Aufbrechen, Versorgung des Wildbrets.
Hier zeigt sich, ob man wirklich vorbereitet ist. Wer sauber arbeitet, gewinnt nicht nur Selbstvertrauen, sondern auch Respekt von Kameraden und Wildbretabnehmern.
Öffentliches Bild der Jagd
Nicht zu unterschätzen: Die Gesellschaft schaut genau hin. Jagdgegner suchen nach Bildern und Geschichten, die Jagd in schlechtem Licht zeigen. Gerade Jungjäger sollten sich bewusst sein: Jeder Schuss, jedes Foto, jede Äußerung prägt das Bild der Jagd.
Authentisch bleiben, nicht prahlen, respektvoll mit Wild umgehen – so kann man auch nach außen zeigen, dass Jagd Verantwortung bedeutet.
Die eigentliche Prüfung beginnt erst
Die „grüne Matura“ ist ein Türöffner, nicht der Abschluss. Wer nach der Prüfung glaubt, schon Jäger zu sein, irrt. Jäger wird man durch Erfahrung, durch Fehler und durch das ständige Dazulernen.
Das wichtigste Kapital eines Jungjägers ist nicht die Ausrüstung, sondern Demut: vor der Natur, vor dem Wild und vor der eigenen Verantwortung. Wer das verinnerlicht, findet in der Jagd nicht nur ein Handwerk, sondern eine Berufung fürs Leben.




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