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Wenn der König des Waldes röhrt

Mit September beginnt in den Bergen langsam die Brunft des Rotwildes.
Mit September beginnt in den Bergen langsam die Brunft des Rotwildes.

Wie man sich als Jäger psychologisch auf die Rotwildbrunft vorbereiten kann


Mit dem September beginnt für Jägerinnen und Jäger eine der eindrucksvollsten Zeiten des Jahres: die Rotwildbrunft. Wenn die Hirsche röhrend durch die Täler ziehen, um ihre Rivalen herauszufordern und das Kahlwild zu beeindrucken, liegt Spannung in der Luft.


Für die Jäger bedeutet diese Phase nicht nur ein Naturerlebnis von einzigartiger Intensität – sondern auch eine mentale Herausforderung. Denn im entscheidenden Moment, wenn ein kapitaler Hirsch in Anblick kommt, entscheidet oft die innere Ruhe über Gelingen oder Versagen.


Die Brunft – Ausnahmezustand im Wald


Während der Brunft vergessen die Hirsche ihre gewohnte Vorsicht. Vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein hallen ihre Rufe durch die Wälder. Rivalenkämpfe, das Treiben der Rudel, kurze Fährtenwechsel – all das schafft für den Jäger Situationen, die man sonst kaum erlebt. Gleichzeitig sind die Chancen auf einen guten Hirsch größer als im restlichen Jagdjahr. Doch die Jagd auf das Brunftwild ist keine Selbstverständlichkeit: Die Anspannung steigt, Herzschlag und Atmung beschleunigen sich, und nicht selten spielt die Psyche dem Schützen einen Streich.


Hirsch beim Rudel.
Hirsch beim Rudel.

Mentale Herausforderung:

Wenn das Herz schneller schlägt


Viele Jäger kennen es: Der Hirsch tritt plötzlich aus dem Halbdunkel, röhrend, majestätisch – und das Herz beginnt zu rasen. Im jagdlichen Sprachgebrauch spricht man vom „Jagdfieber“. Es ist die Mischung aus Faszination, Erregung und Druck, die in Sekundenbruchteilen über die Kontrolle entscheidet. Wer sich psychologisch nicht vorbereitet, läuft Gefahr, im entscheidenden Moment „zu verreißen“ oder gar nicht abdrücken zu können.


Psychologische Vorbereitung – innere Ruhe schaffen


Die wichtigste Grundlage für den Jagderfolg ist Gelassenheit. Psychologen empfehlen folgende Strategien, die auch im jagdlichen Alltag hilfreich sind:


  • Visualisierung: Schon Tage vor der Jagd lohnt es sich, die Situation im Kopf durchzuspielen: Wie sitze ich auf dem Ansitz, wie nehme ich den Hirsch ins Glas, wie verhalte ich mich ruhig? Wer das Szenario mental mehrfach „probt“, ist in der realen Situation weniger überrascht.


  • Atemtechnik: Im Augenblick des Anblicks hilft es, bewusst tief durch die Nase einzuatmen, kurz zu halten und langsam durch den Mund auszuatmen. Diese Technik stabilisiert den Puls und senkt die Nervosität.


  • Konzentration auf den Ablauf, nicht auf das Ergebnis: Statt den Erfolg – den erlegten Hirsch – in den Vordergrund zu stellen, sollte man sich auf den Schussablauf konzentrieren: Anschlag, Atmung, Zielaufnahme, ruhiger Druck am Abzug. Das reduziert den Erfolgsdruck.


  • Selbstgespräch: Ein inneres „Mantra“ wie „ruhig bleiben – sauber schießen“ kann helfen, die Aufmerksamkeit von der Aufregung wegzulenken.


Röhrender Hirsch.
Röhrender Hirsch.

Praxisnah: Schießtraining als mentale Übung


Ein wichtiger Baustein bleibt das Übungsschießen. Nicht nur, um die Waffe sicher zu beherrschen, sondern auch, um den Schussablauf zu automatisieren. Wer auf dem Schießstand regelmäßig unter leichtem Stress trainiert – etwa mit Zeitdruck oder vor Zuschauern –, lernt, dass die Psyche auch unter Belastung stabil bleibt.#


Worauf Jäger in der Brunft sonst achten müssen


Neben der mentalen Stärke sind es handwerkliche Grundsätze, die über jagdlichen Erfolg und Weidgerechtigkeit entscheiden:


  • Wind und Anwechsel: Rotwild ist extrem windempfindlich. Immer gegen den Wind ansitzen oder pirschen und die Wechsel vorher genau kennen.


  • Ruhe im Revier: Zu viel Bewegung oder Störung vertreibt das Wild. Jagd während der Brunft braucht Disziplin und Absprachen im Revier.


  • Waffenhandhabung: Den Schuss nur aus sicherer Position abgeben, niemals überhastet. Lieber verzichten, als ein schlechtes Trefferbild riskieren.


  • Waidgerechtigkeit und Auswahl: Ein imposanter Hirsch ist nicht automatisch der richtige. Der Abschussplan und die Verantwortung für den Bestand sind maßgeblich.


  • Sicherheit: Kugelfang, Sichtverhältnisse und eindeutiges Ansprechen sind Pflicht. Im Zweifel immer den Finger gerade lassen.


  • Kleidung und Ausrüstung: Lautlose, warme Kleidung sowie gutes Glas gehören zur Grundausstattung. Knistern oder Reflektoren verraten den Jäger.


  • Nachsuche: Auch bei guten Schüssen kann das Stück flüchtig sein. Absprachen mit dem Nachsuchengespann sind im Vorfeld zu treffen.


  • Respekt und Erlebnis: Die Brunft ist ein Naturereignis, das man auch ohne Schuss genießen sollte. Weidgerechtigkeit bedeutet auch, innezuhalten und den Moment wirken zu lassen.


Wenn man alles klappt und Diana und Hubertus einem hold sind, dann liegt ein möglichst alter Recke auf der Strecke - hier am Bild ein Berghirsch. Weidmannsheil.
Wenn man alles klappt und Diana und Hubertus einem hold sind, dann liegt ein möglichst alter Recke auf der Strecke - hier am Bild ein Berghirsch. Weidmannsheil.

Jagdfieber – Fluch und Segen zugleich


Psychologisch betrachtet ist das Jagdfieber nichts Negatives, sondern Ausdruck von Leidenschaft. Es zeigt, dass die Jagd eine emotionale Dimension hat, die weit über das rein Handwerkliche hinausgeht. Entscheidend ist, das Adrenalin zu nutzen, ohne sich davon überrollen zu lassen. Der Jäger, der lernt, diese Spannung als Energie zu begreifen, verwandelt sie in Konzentration – und nicht in Nervosität.


Geistige Stärke führt zum jagdlichen Erfolg


Die Rotwildbrunft ist mehr als nur eine Jagdzeit – sie ist ein Erlebnis für alle Sinne. Wer psychologisch vorbereitet in den Wald geht, erlebt die Brunft intensiver und hat zugleich bessere Chancen, im entscheidenden Moment den Hirsch sicher und waidgerecht zu erlegen. Innere Ruhe, mentales Training und praktische Übung sind der Schlüssel. Denn am Ende entscheidet nicht nur die richtige Kugel über den Jagderfolg – sondern auch der richtige Kopf.

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